Die Düffelt

 

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Die Düffelt  

Unsere Familie stammt aus der Düffelt. Hiermit wird ein Poldergebiet bezeichnet, das linksrheinisch zwischen Nijmegen in den Niederlanden und Kleve in Deutschland liegt. Also, ist das Gebiet grenzüberschreitend. Im Norden ist die Grenze der breite Strom des Rheins, der ab der niederländischen Grenze Waal genannt wird, während man den nördlichen Zweig weiterhin Rhein nennt. Im Süden wird die Grenze auch auf natürliche Weise gebildet und zwar von einer Reihe schön bewaldeter Hügelrücken, die sich erstrecken von Nijmegen bis vorbei an Kleve. Man nennt diese Hügelkette hier den Reichswald. Die Hügel sind die Reste ( Endmoränen) von den riesigen Gletschern aus den Eiszeiten. Die Grenze zwischen den Niederlanden und Deutschland, läuft quer durch die Düffelt, und ein Stück der Grenze wird dann auch markiert durch den sogenannten “Querdamm”. 

Die Düffelt hat eine Fläche von 130 qkm. Die höchsten Teile ( sogenannte Uferwälle) liegen auf einer Höhe von 13 m. Im Südwesten sind es etwa 10 m. Die niedrigsten Teile liegen auf 1 m NAP. (Neuer Amsterdamer Pegel) Die umliegenden Hügelrücken sind  durchschnittlich 80 m. hoch. ( der Kleverberg ist sogar 106 m.hoch.) 

Anfangs war das Gebiet unter der Verwaltung des Herzogtums Gelder (1339-1538), aber später gehörte es zum Herzogtum Kleve (1538-1614). Anschließend kam das Gebiet an Brandenburg. 

Das Klever Amt und Deichschau ( Bestandteil des Herzogtums Kleve), umfasste die 7 Dörfer: Düffelward, Keeken, Bimmen, Mehr, Niel, Kekerdom und Leuth. Aber tatsächlich ist die Düffelt  viel größer als die 7 Dörfer und wenn man dieses Gebiet betrachten will, muss man im Osten beginnen bei den Stadtmauern Kleves und im Westen aufhören bei dem  Hühnertor in Nijmegen. Das historische Gebiet der Düffelt ist also kleiner als das natürliche. Die Düffelt als landschaftliche Einheit ist denn auch viel  älter als die  mittelalterliche Amtseinteilung und auch  älter als die kirchliche Einteilung. Auf deutscher Seite rechen wir jetzt zu der Düffelt: Bimmen, Donsbrüggen, Düffelward, Frasselt, Keeken, Kellen, Kranenburg, Mehr, Niel, Nütterden, Schenkenschansz, Wyler und Zyfflich. Auf niederländischer Seite: Beek, Erlecom, Kekerdom, Leuth, Millingen, Ooij, Persingen, Ubbergen und die Flecken: Tiengeboden, Groenlanden und Wercheren.
Dieses Gebiet ist, so weit jetzt bekannt, die Heimat unserer Familie.

Die Niederrheinische Landschaft, worin die Düffelt gelegen ist, gehört zu den  abwechselungsreichsten  in West-Europa. Eine breite und  hübsche Flusslandschaft, worin der Rhein in weiten Bögen majestätisch nach Westen fließt. Darüber spannt sich ein glänzender Himmel mit einzelnen Wolken und in der Ferne die niedrige Hügelreihe. An klaren Abenden sieht man die Silhouetten der Klever Schwanenburg, den Dom von Xanten, die St.Vituskirche von Hoch-Elten, die Waalbrücke und  die Ausläufer der Stadt Nijmegen.

Die Landschaft ist aufgebaut aus verschiedenen sogenannten Terassen: das Flussbett des  Rheins und das Weidegebiet in den Überschwemmungsräumen, die Äcker und die fetten Lehmböden hinter den  Deichen, darin noch immer die deutlichen Spuren der alten Rheinarme und der Deichbrüche erkennbar- dann sieht man noch die Reste der Moränenwälle, abgelagert  in der vorletzten Eiszeit und bewachsen  mit Laubholz und die Hochebenen, ursprünglich mit Laubholz bedeckt, später kultiviert, wieder verkommen und heute wieder kultiviert.  Die Düffelt scheint ein schönes, flaches und junges Poldergebiet zu sein, aber das ist nur Schein! Unter dieser frischen, glatten Oberfläche verstecken sich die Spuren einer vielfältigen, geologischen Geschichte.

Millionen Jahre früher war das Gebiet der Düffelt noch ein untiefes Küstenmeer.( Das  gilt  allerdings auch für den Rest der Niederlande. Damals lag die Küstenlinie ungefähr auf der Linie Gennep-Kleve. Heute liegt sie  etwa 130 km. weiter westlich).
Vor zwei Millionen Jahren, die “ jüngste Zeit” in der Geschichte unserer Erde”, das sogenannte Quartär, fing die Eiszeitperiode an. Das war eine Periode, worin längere kalte Perioden –manchmal zehntausend Jahre- abwechselten mit wärmeren Epochen.

Wenn während dieser  Eiszeiten im Frühling das Tauwetter eintrat,  verwandelten sich  die riesigen  Schmelzwasserflüsse in riesige Schlammströme, die den Boden ausspülten und in das  Küstenmeer abführten. Das Küstenmeer änderte sich allmählich in eine große Ebene von Kies, Sand und Lehm, worüber die vielen Rhein- und Maasarme ihre Ladungen Lehm, Sand und Kies transportierten.

In der  vorletzten Eiszeit, vor etwa 200.000 Jahren, ist so viel Schnee gefallen, dass sich in dem Skandinavischen Hochland  eine enorm dicke Gletscherkappe gebildet hat. (Zu vergleichen mit der heutigen Eiskappe von Grönland. Diese Kappe dehnte sich nach allen Seiten aus und überquerte - als Gletscher- die Ostsee und schob sich über Nord- Deutschland in die Niederlande. Diese Landeiszungen gruben tiefe Becken in das Land u.a. auch in unser Düffeltgebiet.( Noch gut erkennbar am  Becken von Kranenburg-Groesbeek. Siehe Karte). Die verdrängten Erdmassen lagerten sich drumherum in Form von  Wällen ab. (Jetzt noch erkennbar an  den Hügelrücken von Kleve, Reichswald und Nijmegen, aber auch an der südlichen Veluwezoom, dem Veluwemassiv und Montferland).

Nach dem Zurückweichen des Landeis wurden die Becken wieder gefüllt mit Schmelzwasser, Sand und Kies. Die ursprünglichen Stauwälle nördlich von Nijmegen, wurden von Flüssen zwischen Kleve und Elften abgetragen oder durchbrochen. ( die sogenannte Gelderse Poort, siehe Karte ) 

Während der letzten Eiszeit, vor etwa 70.000 bis 20.000 Jahren, hat ein wild fließendes Flusssystem, mit  Gletscher-und mittel-europäischem  Schneeschmelzwasser die Duffelt   umgestaltet in eine weite Kiessand-Flussfläche. Kurz vor dem Ende dieser Eiszeit - etwa vor 12.000 Jahren, haben diese Wasserflüsse sich in die Betuwe zurückgezogen und schliffen dort in den  Boden eine Rinne  (mehr als  5 m tief.); es gibt  Hinweise, dass dieser Einschnitt sich auch  bis in die nördliche Düffelt ausdehnte. 
Aber südlich der Linie Rinderen-Niel-Persingen wurde die Sand-Kies-Fläche der Eiszeit (die niedrige Terrasse) jedenfalls nicht  abgetragen; die Flussarme zogen sich aus dieser Fläche zurück, obwohl sie wohl während der letzten Überschwemmungen örtlich Lehmschichten hinterlassen haben.

Am Ende der Eiszeit, als das Klima noch sehr kalt war ( vor 11.000 bis 12.000 Jahren ) , haben sich örtlich noch Flugsandsandrücken auf den übriggebliebenen Teilen der Niederterrassen gebildet.( Noch zu sehen bei Persingen und Zyfflich) Vor 10.000 Jahren  kam dann das Ende der Eiszeit.

Allmählich hat der Rhein sein Bett in der Betuwe und in der nördlichen Düffelt mit Kies, Sand und Lehm ausgefüllt. Nur 4000 Jahre später erreichte das Niveau  dieses Auffüllmaterials die Stufe der Niederterrassen. Hierdurch konnte der Rhein zum ersten Mal seit 8000 Jahren bei Hochwasser wieder die südliche Hälfte der Düffelt überschwemmen und lagerte hier ebenfalls eine junge Lehmschicht ab. Darum ist die Ablagerung von Lehm in der südlichen Hälfte der Düffelt weniger stark als in dem nördlichen Teil dieses Poldergebiets. Örtlich wird diese junge Lehmdecke noch unterbrochen von den höchsten Teilen der Niederterrasse u.a. bei Mehr. Auch die Flugsandrücken von Persingen und  Zyfflich blieben gegen die jüngeren Lehmablagerungen geschützt.
Die Bevölkerung hat sich bei ihrer ökonomischen Ausbeutung dieses Gebietes immer stark  leiten lassen durch diesen geologischen Charakter.

Der größte Teil der Düffelt besteht, wie wir gesehen haben, aus jungem Flusston. Aber darin  gibt es, je nach Standort, noch große Unterschiede. Bei Überschwemmungen schweben im Flusswasser Sand und Ton. In dem Maße wie das Wasser von der Flussmitte entfernt ist, nimmt  die Strömungsgeschwindigkeit ab und damit auch die Transportgeschwindigkeit. Der Sand sinkt  in der Nähe des Flusses zu Boden. Der leichtere Ton wird weiter von der Flussmitte entfernt abgelagert. Dazwischen sitzt gemischtes Material. An einigen Stellen gibt es gar keinen Ton mehr im Wasser und es entstehen  Moorsümpfe.
Wenn die Ueberschemmungsgebiete austrocknen, schrumpft der Lehmboden stärker als der Sandton und so entstehen entlang der Flussufer relativ höhere Uferwälle, sogenannte Sandrücken.
Bei der Entstehung der ersten Uferwälle und Lehmvorufergründe ( niederländisch: leem komgronden) haben die ersten Menschen sich in der Düffelt niedergelassen. Die ältesten Spuren findet man in der Niederterrasse bei Mehr und im Flugsandrücken von Zyfflich.

In der Bronzezeit wanderten  die Menschen auch in die jüngsten Tongebiete ein u.a. in  Millingen
 
( Funde aus 1300-900-600-300 v.Chr.
) In Zeiten vieler Überschwemmungen zogen  sich die Bewohner aber wieder von den Uferwällen zurück.
In der späteren Eisenzeit und in der römischen Zeit aber waren das Flusstongebiet und die höheren Uferwälle schon ziemlich dicht bewohnt und der Ackerbau  dehnte sich aus.
Genau wie die örtliche Bevölkerung benützten die Römer die höheren Gebiete der Düffelt z.B. Niel, Zyfflich und Persingen. Auch die Uferwälle wurden von den Römern benutzt für ihre Verbindungswege, z.B. Der Weg Xanten-Kellen-Rinderen-Düffelward-Elst-Kesteren-Maurik-Krummerheingebiet. Irgendwo musste der Fluss wohl überquert worden sein, aber weil der Rhein soviel mäandert hat im Laufe der Jahrhunderte, ist das nicht mehr zu rekonstruieren. Rinderen (Harenatium) war eine wichtige Garnison.

Im Jahr 250 nach Chr, fing der Rhein an sich sehr wild zu benehmen infolge der geänderten klimatischen Umstände: viele Überschwemmungen und Flussverlagerungen fanden statt und große Teile der Uferwälle wurden weggespült und versanken in große Tiefen. Dadurch wurden viele Spuren früherer Besiedlung weggewischt. Die Bevölkerung verließ das Gebiet, aber kehrte  im Merowingischen Zeitalter ( 550 – 700 n.Chr.) wieder, und vor allem im Karolingischem Zeitalter (750-1000 n. Chr.). Neue Flusswälle entstanden, sind aber jetzt noch nicht so hoch: Millingen-Kekerdom-Erlecom-Tiengeboden-Nijmegen. Im Mittelalter fing man an sich auch auf diesen Uferwällen nieder zu lassen.

Das Wyler Meer

Ab dem 8ten Jahrhundert fingen die Bewohner an sich gegen das Wasser durch die Anlage kleiner Ringdeiche um die Niederlassungen zu schützen. Das hat aber nicht immer geholfen. So wurde z.B. der Uferwall Rinderen-Millingen noch oft von Hochwasser überspült. Nach der römischen Zeit legte sich  dadurch noch eine meterdicke lehmige Ablagerung darüber. Der Wall reicht jetzt bis 12,5 M + NAP.

Im  13ten Jahrhundert wurde Ooij vom Wasser weggefegt und mit 60 bis 100 Zentimetern Ufersandton bedeckt. Die jungen Uferwälle westlich von Millingen wurden  auf diese Weise  bis 11M + NAP erhöht und das ist reichlich über dem  Niveau des Ufervorlandes.
Diese Art von Katastrophen führte schließlich zum Bau von Banddeichen. Der erste: Kleef-Millingen-Kekerdom-Wylermeer war um 1300 fertig. Kurz danach folgte Wercheren-Ooij (Kerkdijk)-Tiengeboden-Nijmegen.

Bis jetzt waren nur die Ufergründe kultiviert worden, aber jetzt konnte man auch mit dem abholzen und kultivieren der Sumpferlenwälder beginnen, die vorher wiederholt überschwemmt worden waren. Um 1300 verschwand der letzte Urwald aus der Düffelt, das sogenannte Kranenbürger Broek. ( = Sumpf, Moor ). Die Bodenbeschaffenheit ließ nur Weidegrund zu und das führte zur Produktion von  Milcherzeugnissen, die auch heute noch sehr wichtig sind in der Düffelt.
Die Eindeichung unterbrach die natürliche Entwicklung der Düffelt, aber, dadurch  und durch die Verengung des Raumes der dem Fluss bei Hochwasser zur Verfügung stand, wurden die  Hochwasserstände bedeutend höher als früher und Deichbrüche traten häufig auf und verursachten Löcher (sogenannte Kolken, Wielen, Waajen) und  Spülsandfächer. Dörfer mussten sicherheitshalber auf den Uferwallgebieten oder, in den Niederterrassen, auf den Flugsandrücken angelegt werden. Aber auch da waren sie nicht ganz sicher. Die Flüsse verlegten ihren Lauf ständig. Im 15ten und 16ten Jahrhundert wurde durch eine seitliche Verlagerung des Rheins der  Uferwall von Rindern-Millingen untergraben und teilweise weggespült, wodurch der nördliche Ausläufer des Orts Düffelward verwüstet wurde. Vor allem bei Eisgang, gab es viele Deichbrüche. Berüchtigt sind die Überschwemmungen von 1784, 1800,1809, 1820, (als u.a. Millingen und Persingen schwer in Mitleidenschaft gezogen wurden. Das blühende Bauerndorf Persingen wurde ganz weggespült  mit Ausnahme der Kirche und einigen Häusern, die auf dem höchsten Punkt der Flugandrücken lagen), 1830      ( Durchbruch bei dem Spruitenkamp und das Entstehen der “ Koekse kolk”. Der Name meines Geburtshauses der ‘’Koekoek’’ ist eine Erinnerung daran), 1834, 1855, 1861, 1876, 1879,1914, 1920 und 1926.

In dem Flußvorland haben sich seit dem Mittelalter nur wenige Bauern  niedergelassen und die haben ihre Wohnstellen allmählich erhöht zu Wohnhügeln.( sogenannte Wierden oder Pollen.) Viele alte Bauernhöfe in der Düffelt liegen heute noch immer auf solchen “ Pollen.” Seit den letzten Überschwemmungen von 1918 und  1926 scheint der Mensch Herr der Lage zu sein, obwohl im Januar 1995 wieder '' höchste Not “  herrschte.

Durch die vielen Ziegeleien gibt es jetzt entlang des Flusses viele Tongruben. Der Schaleton  ( komleem) ist nicht geeignet für die Ziegelei, sondern nur der Ufersandton. Vor allem der Lehm der jungen Uferwälle. (Tiengeboden, Ooij und Kekerdom)